WAA-Besuch

Sternwarte Harpoint

23. Oktober 2004

Die von Robert Schäfer, Andreas und Christian Kreuzer errichtete und betriebene Privatsternwarte im westlichen Salzkammergut ist sicherlich die professionellste unter den privaten Sternwarten Österreichs. Ihre Ausstattung entspricht dem Standard eines kleinen Forschungsinstituts und hier wird auch wirklich wissenschaftlich gearbeitet.

Es fehlen die Worte, um zu beschreiben, was und vor allem wie hier alles errichtet wurde. Die Eckdaten klingen nüchtern: Zwei Teleskope, ein 50cm RC-Teleskop und ein Celestron 14, in eigenen, vom Wohn-/Arbeitsgebäude getrennten Schutzbauten, im Haupthaus Wohn-, Aufenthalts- und Seminarräume, Computerlabor und mehrere Werkstätten. Doch das sind nur die nüchternen Fakten. Die Realität ist um einiges aufregender.

Das Team der Sternwarte empfängt uns freundlich. Den ersten "Programmpunkt" unserer Besichtigung macht eine Präsentation der Pläne des 50cm RC-Teleskops und seines Schutzbaus. Das Teleskop ist eines der legendären Preßberger-Teleskope. Sein Design besticht durch maximale Stabilität bei minimaler Masse. Ein Geniestreich des leider viel zu früh verstorbenen Ing. Rudolf Preßberger. Hier in Oberösterreich wurden seine Pläne gleich dreimal Wirklichkeit.
Robert Schäfer präsentiert die erste Harpointer Sternwarte: Eine Rolldachhütte, die ein Celestron-14 auf einer deutschen Sideres-Montierung. Genial ist die Konstruktion des Rolldachs, das auch bei Schnee und Eis noch bewegt werden kann. Der Trick: Die Schienen sind abdeckbar. Die Hütte bietet einen guten Windschutz und schränkt den Horizont dennoch kaum ein.
In Harpoint ist alles, mit Ausnahme der Optiken der Teleskope, selbst gebaut. Die Schutzbauten der Fernrohre, die Montierungen, und was sonst noch alles dazu gehört. Dazu bedarf es zweier Dinge: Einer gut eingerichteten Werkstätte und Leute, die damit auch umgehen können. Die Werkstätten nehmen einen erheblichen Teil des Haupthauses ein und sind getrennt nach Metall- und Holzbearbeitung sowie Schweißerei. Unzählige schwere Werkzeugmaschinen vermitteln den Eindruck eines mittleren Kleinunternehmens aus der metall- oder holzverarbeitenden Industrie.
Im Wohngebäude befinden sich aber nicht nur Werkstätten, sondern auch Gästezimmer für Beobachter und in den Gängen des oberen Stockwerks eine modern und gefällig eingerichtete Bildergalerie, in der die schönsten und vor allem beeindruckendsten Bilder, die auf der Sternwarte gewonnen wurden, ausgestellt sind.

In einem Schutzbau, der nur unwesentlich größer ist als das Teleskop selbst, und der äußerlich sehr an die vier Riesenteleskope auf dem Cerro Paranal in Chile erinnert, steht das Prunkstück der Sternwarte, das 50cm RC-Teleskop.

Seine Optik stammt von LOMO, dem bekannten Hersteller astronomischer Optiken aus St. Petersburg in Rußland. Der Tubus ist ein Serrurier-Gittertubus, wie er bei vielen Großteleskopen üblich ist. Mit einem Öffnungsverhältnis von f/8 ist das System auch sehr lichtstark, beeindruckend ist das verwertbare Bildfeld von 8 x 8 cm. Die derzeit eingesetzte, semiprofessionelle CCD-Kamera von Roper Scientific, nützt dieses enorme Feld natürlich noch nicht aus.

Das mechanische Design des Teleskops und seiner Montierung stammt vom leider schon verstorbenen Techniker des Instituts für Astronomie der Universität Wien, Ing. Rudolf Preßberger. Sein Geniestreich bestand darin, die größtmögliche Stabilität mit der kleinstmöglichen Instrumentenmasse zu kombinieren. Auf viele Teile, wie etwa komplizierte Getriebestufen, die bei vergleichbaren Teleskopen zu Betriebsstörungen führen können, kann in diesem Design daher verzichtet werden. Schade, daß dieses Instrumentendesign keine größere Verbreitung gefunden hat ...
Die Steuerung des Teleskops erscheint auf dem ersten Blick technisch überholt, doch die Tatsache, daß sie ohne Windows auskommt, macht sie erstens sehr schnell und erlaubt es zweitens, längst ausrangierte Rechner, sogar noch mit 286- oder 386-Prozessoren, einzusetzen. Sie wurde von Dr. Manfred Stoll entwickelt und bildet mit den Preßberger-Teleskopen praktisch eine Einheit.
Der "Keller" des Schutzbaus ist voll mit den Steuercomputern für Teleskop und Kameras sowie den Kühlsystemen für die (klimatisierte!) Kuppel und die CCD-Kamera. Letztere wird mit Flüssigkeit gekühlt und als Kühlaggregat fungiert eine Tiefkühltruhe. Alles sieht hier wirklich extrem professionell aus - und ist es auch.

Wir nützen den schönen, aber vom Mond stark aufgehellten Abend zur Beobachtung bekannter Objekte, denn immerhin wollen wir die Leistung eines Preßberger-Teleskops einmal selbst erleben (vor vielen Jahren konnte ich den "Urvater" dieser Teleskope, das 100cm RC-Teleskop in Klosterneuburg, für Beobachtungen nützen, leider ist dieses Teleskop momentan nicht zugänglich und auch nicht betriebsbereit). Unser Urteil: Beeindruckend. Trotz des Mondlichts geben hellere Deep Sky Objekte wie M15, M57 oder M76, sehr viel her. Für den Mond ist das Instrument natürlich zu groß.


50cm RC-Teleskop im Schutzbau bei Mondlicht

Lange nach Mitternacht, es ist schon sehr feucht in dieser herbstlichen Nacht, Orion steht schon über dem Horizont, beenden wir die Beobachtung. Der erste Sternwartenbesuch unserer heurigen Tour durch Oberösterreich war bereits ein "Hammer". Mal sehen, was noch so auf uns zukommt.

Zum Nachlesen hier der Link zur Sternwarte Harpoint:

Wir danken dem Team der Sternwarte Harpoint ganz herzlich für den schönen Abend, die Einladung zur Mitarbeit an wissenschaftlichen Programmen nehmen wir ebenfalls gerne an. Das Projekt lautet: Suche nach transneptunischen Objekten. Na, eine Herausforderung?

Text und Fotos: Alexander Pikhard