Deep Sky Wochenende Oberleiser Berg

Oberleiser Berg, 08. 10. 2010

20101008sfl18.html

Beobachter: Thomas Schröfl (thomas.schroefl@waa.at)
Datum: 08. 10. 2010
Zeit: 18:00 bis 23:00 Uhr MESZ
Ort: Oberleiser Berg
Instrument: Swarovski Habicht 7x42 SL, Pentax 75 SDHF, Nikon D300, Hutech-modif. Canon30D
Bedingungen:
Durchsicht: gut (2)
Grenzgröße: 6.0
Aufhellung: gut (2)
Seeing: gut (2)
Wind: stark aus NE
Temperatur: 7°C
Bericht:

Ein großes Danke an Andreas Pfoser, dessen optimistische Vorhersagen für das Wochenende schon richtige Vorfreude aufkommen ließen, und vor allem auch an den Wettergott, denn ohne dessen Mithilfe ist der beste Meteorologe aufgeschmissen.

Da der Gasthof Postl und auch die sonstigen Quartiermöglichkeiten auf der Hohen Wand von Freitag auf Samstag völlig ausgebucht sind, haben wir den ersten Abend des Deep-Sky-Wochenendes auf den Oberleiser „Berg“ (tolle 457m Höhe) verlegt. Damit haben wir auch die erste Gelegenheit das First Light mit dem für die Keltenberg Sternwarte Oberleis erworbenen Teleskop (Meade 14 Zoll LX200 GPS) zu begehen, das, so die Planung und Umsetzung nach unseren Vorstellungen läuft, im Laufe des nächsten Jahres in ein noch zu errichtendes Sternwartengebäude übersiedeln soll.

Im Laufe der Dämmerung trifft eine ansehnliche Zahl an Beobachtern ein und baut ihre Geräte auf. Von unserem erhöhten Standort aus bietet sich ein eindrucksvoller Sonnenuntergang. Hoch stehende Cirrus-Bewölkung leuchtet hellweiß; man könnte sie fast für NLC´s halten, wäre nicht noch die Sonne am Himmel. Mit zunehmender Dämmerung beginnt das astronomische Treiben. Vorweg: das Peterson-getunte (div. Komponenten werden von Peterson gegen höherwertigere getauscht bzw. neu angebaut) Teleskop hat unseren Erwartungen entsprochen. Was beim Auto der Hubraum ist beim Teleskop die Öffnung. Beides kann durch nichts anderes ersetzt werden.

Ein Beispiel: der Hantelnebel ist derart hell, daß die Hantelform nicht mehr erkennbar ist. Die sonst charakteristischen dunklen Winkel sind hell, weil die dort befindliche dünnere Nebelmaterie sichtbar wird. Der Cirrusnebel ist ohne Filter bereits zu erkennen und mit UHC-Filter einfach umwerfend. Der Ringnebel offenbart Details, die einem normalerweise verborgen bleiben. Zum Abschluß des Tests nimmt Alex noch ein besonderes Objekt ins Visier, nämlich den Crescentnebel (NGC 6888), ein astrophysikalisch ungewöhnliches Objekt. Es handelt es sich bei NGC 6888 um einen selten zu beobachtenden Wolf-Rayet-Nebel, in dessen Zentrum ein Wolf-Rayet-Stern steht, ein Sterntypus, der zu den sehr massereichen und heißen Sternen zählt. Die Besonderheit dieser Sterne ist ihr enorm starker Sternwind (bis 4.000 kmh/sec), wodurch sie in nur 10.000 Jahren die gesamte Masse unserer Sonne verlieren können. Der Zentralstern selbst weist eine Absoluthelligkeit von -4,4 mag auf, strahlt also 5000 mal heller als unsere Sonne, wobei das Strahlungsmaximum jedoch im UV-Bereich liegt. Das Leuchten des Nebels wird durch zwei unabhängig auftretende Ionisationsvorgänge ausgelöst. Die Hauptarbeit leistet hier der Zentralstern selbst, der durch seine hohen Temperaturen den Nebel besonders stark ionisiert und vor allem im OIII-Bereich zum Leuchten bringt. Des weiteren kollidieren die starken Sternwinde mit dem schon einige 100.000 Jahre zuvor in der roten Riesen Phase abgestoßenem Material, was eine Stoßfront zur Folge hat, an der sich das Material aufheizt und ebenfalls ionisiert. Dieser sehr aktive Stern wird in den nächsten Millionen Jahren als Supernova explodieren. In der abgestoßenen Sternenmaterie ist unheimlich viel Struktur erkennbar, fast so detailreich wie auf Fotografien nur nicht in Farbe.

Fazit: das First Light verlief zu unserer vollen Zufriedenheit. Mit diesem Gerät steht uns noch viel an astronomischer Beobachtungsfreude vor. Nun zu meinem eigenen Beobachtungsabend. Primäres Ziel ist der Komet 103P/Hartley 2, der heute eine nahe Passage bei h+chi Persei hat. Vorausgesetzt Starry Night verwendet die richtigen Ephemeriden des Kometen, dann ist der helle Stern in seiner Nähe 10 Persei mit 6,2 mag, der das Beobachten heute schwierig macht. Der Kern des Kometen wirkt fast wie ein Stern, nur etwas diffuser. Die schwache aber großflächige Koma geht aber fast völlig in der Helligkeit des Sterns unter. Nur auf Fotos ist sie durch ihr ganz markantes Grün zu erkennen.

Ich habe alles mit, was man zum Fotografieren braucht, aber als ich den Koffer der STV öffne, suche ich vergeblich nach dem Stromkabel. Es liegt zu Hause in einem Kästchen mit diversem Zubehör, wo ich es finde, als ich nächtens zurückkomme. Wie es dorthin kam, bleibt mir schleierhaft. Cést la vie; heute muß ich ohne halt Autoguider auskommen, was sich dann doch als ordentliches Handicap herausstellt, denn ungeguidet und mit starkem Wind sind maximal 60 sec Belichtungszeit zu machen, eindeutig zuwenig, um den Kometen gut zu belichten. Die Bildqualität reicht gerade für Erinnerungsfotos.

Bemerkenswert ist die hohe Geschwindigkeit, mit der sich der Komet in den wenigen Stunden weiterbewegt. In Starry Night nachgemessen, komme ich auf ca. 6 arcmin/h. Ist der Komet heute nur rd. 30 arcmin von h+chi Persei entfernt, so werden es morgen schon fast 3 Grad sein. Zum Abschluß dieses Beobachtungsabends gibt es noch einen Blick auf die Pleiaden und dann einige Aufnahmen von ihnen, ist es doch heute das erste mal in dieser Saison, daß ich unser Vereinslogo wieder am Himmel sehe. Trotz einer Thermoskanne voll Tee und warmer Kleidung trete ich gegen 23 Uhr einigermaßen ausgefroren vom kalten Wind die Heimfahrt nach Wien an. Während des Heimweges lasse ich etwas die Gedanken spielen: schön wenn der 14-Zöller seinen fixen Platz in einer Sternwarte hat.


Ein Bericht der Wiener Arbeitsgemeinschaft für Astronomie.
www.waa.at